Ich probiere unheimlich gerne Rezepte aus. Wohl wissend, dass heutzutage die meisten Rezepte am Computer entstehen, das heißt dass sie vor ihrer Veröffentlichung auch nicht 1x zubereitet worden sind. Meine Lektorin von der Schlüterschen Verlagsgesellschaft sagte einmal zu mir, das Besondere an meinen Ratgebern sei, dass alle Rezepte von mir getestet worden seien, das mache die Bücher so authentisch.
Die weit verbreitete Rezeptentwicklung am Computer erklärt, warum Rezepte, die sich gut anhören, im Resultat häufig enttäuschen oder auch gar nicht klappen. Kürzlich habe ich meine Enkelin gefragt, auf wieviel Prozent sie die nicht gelungenen Rezepte schätzt, da sagte sie 40 % – und ich musste ihr rechtgeben.
Damals, als wir beschlossen, Vegetarier:innen zu werden, gab es nur sehr wenig vegetarische Rezepte. Deshalb habe ich erst einmal die in unserer Familie besonders beliebten Rezepte, auf die wir nicht verzichten wollten, selbst abgewandelt. So entstanden als erste eigene vegetarische Rezepte die Sojabolognese, Hirsebratlinge, Currylinsen und Eintöpfe wie Bigosch, Borschtsch und Linsenexpress.
Es ist lange her, dass wir wirklich einmal ein Gericht zum Komposthaufen getragen haben, es war ein Kürbis-Nudelauflauf. Hörte sich ganz gut an, war aber aus irgendeinem Grund nicht genießbar. Und ja, dann waren da noch 2 Versuche Thüringer Klöße, die sich beide im Siedewasser aufgelöst haben. Ansonsten wird aber gegessen was auf den Tisch kommt. Auch wenn ich ein Rezept unbedingt haben will und es mehrmals ausprobieren muss. Wenn es uns dann beim 2. bis 3. Versuch immer noch nicht gut schmeckt, gebe ich meistens auf. Es kommt aber auch vor, dass ich ein Rezept öfter teste. Ich erinnere mich da an die Brokkolitorte, die ich erst nach vielmaligen Versuchen schnittfest hinbekam. Im Jahr 2022 habe ich die Joghurtbrötchen etwa 20x gebacken, bis sie zuverlässig klappten. Mittlerweile sind sie an unseren Wochenenden nicht mehr wegzudenken.
Eine Talentköchin bin ich wahrhaftig nicht. Vielmehr sehe ich mich als Erfinderin und Testerin von Rezepten. Meine Stärken sind die Liebe zur Veränderung und zum Kochen (die zum Backen und für Desserts kam erst viel später hinzu), gepaart mit einer guten Portion Hartnäckigkeit. Sehr hilfreich sind meine Erfahrungen als MTLA, Laborärztin und Internistin – immer wenn es um Analyse und Fehlersuche geht. Denn Kochen und Backen sind ja kein Hexenwerk – vielmehr ein Handwerk mit einer guten Portion Physik, Chemie und Optimismus😉.
Nie hätte ich gedacht dass dem Satz meiner Tochter – „Mama, ich will nie wieder was vom toten Tier essen“ – so viele Rezepte, die Liebe zum Kochen, eine langjährige Dozententätigkeit an der VHS, 4 Ernährungsratgeber und ein Webblog folgen würden!
Und noch etwas ist passiert: 1992 bin ich aus Interesse und weil ich auch gerne etwas verändere, auf den Wunsch meiner Tochter eingegangen. Schon lange besteht bei mir jetzt die Überzeugung, dass die vegetarische und vegane Ernährungsweise ein unabdingbarer Faktor ist, um das Klima und den Regenwald zu retten, um den Hunger auf der Welt zu beseitigen und nicht zuletzt um den Tieren gerecht zu werden.
Eure Sigi