Herstellung von Käse

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Voraussetzung für die Käseproduktion ist, dass eine Milch reichlich käsebildendes Eiweiß Kasein (lat. caseus = Käse) enthält. Im Gegensatz zu früheren Zeiten wird Käse heute überwiegend aus Kuhmilch und seltener aus der Milch von Schaf, Ziege oder Büffel hergestellt. Die Milch all dieser Tiere enthält genug Kasein, kann jedoch nur von der Kuh in größerer Menge (und damit günstiger für Hersteller und Verbraucher) gewonnen werden. Bemerkenswert ist nämlich, dass für die Produktion von 1 Kilogramm Käse 4 bis 12 Liter Milch benötigt werden – Käse ist also auch in dieser Hinsicht ein kostbares Gut!

Prinzip
Das Prinzip der Käseherstellung ist zunächst überall gleich; das Spezielle einer Käsesorte resultiert erst aus Erfahrung, Geschick und Rezept der Käsemeisterei.

Zunächst wird der Fettgehalt der Milch durch Hinzufügen oder Abtrennen von Rahm eingestellt. Sofern nicht Rohmilchkäse hergestellt werden soll, wird die Milch dann für etwa 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad C erhitzt (Pasteurisierung), wodurch temperaturemp-findliche Mikroorganismen abgetötet werden. Anschließend wird die Milch mit unterschied-lichen Verfahren „dick gelegt“ und durch Pressung von der Molke befreit. Weil das Kasein aufgrund seiner Molekülgröße nicht mit der Molke abfließt, bildet sich aus dem Rest der dick gelegten Milch ein Käse.

Die Reifung dauert je nach Käseart Tage (Frischkäse), Wochen (Weichkäse) bis Monate (Schnittkäse) oder sogar Jahre (Hartkäse, Extrahartkäse). Feste Käse müssen dabei täglich gewendet, abgerieben oder abgewaschen werden, was der Aromabildung und Haltbarkeit zugute kommt.
Je jünger ein Käse, desto milder der Geschmack.
Je älter ein Käse, umso kräftiger der Geschmack
.
Rohmilchkäse
Rohmilchkäsewird aus unbehandelter Rohmilch hergestellt, die auf höchstens 40 Grad C erhitzt werden darf – die Milch wird sozusagen noch euterwarm verkäst. Da möglicherweise in der Milch vorhandene Mikroorganismen wie z. B. Listerien (s. S. 13) diese niedrige Temperatur überleben, sollten Schwangere auf den Verzehr von Rohmilchkäse verzichten. Rohmolchkäse ist an dem Vermerk „aus Rohmilch hergestellt“ zu erkennen.

Molkenkäse
Molkenkäse werden aus der Molke hergestellt, die nicht das Kasein, sondern nur noch kleinere Eiweiße (Albumin, Globuline) enthält. Bei 95 Grad C setzen sich diese Molkeneiweiße ab und können zu einem sehr fettarmen Käse weiter verarbeitet werden (z. B. Ricotta, Norwegischer Braunkäse).

Frischkäse
Pasteurisierte Milch wird durch Lab und Milchsäurebakterien zur Gerinnung gebracht. Nach Abtrennung der Molke wird die Käsemasse bis zur gewünschten Fettgehaltsstufe mit Rahm angereichert. Frischkäse ist ein weißer weicher und streichfähiger Käse, der nicht reifen muss, sondern sofort nach der Herstellung genussfähig ist. Zum Frischkäse gehören auch Quark und Hüttenkäse.

Sauermilchkäse
Sauermilchkäse entsteht durch Säuern von Magermilch mit Hilfe von Milchsäurebakterien. Hierdurch kommt es auch ohne Labzusatz zur Gerinnung der Eiweiße (Dicklegung). Durch Abseihen der Molke lässt sich noch die Festigkeit beeinflussen. Häufig werden auch Schmierbakterien zur Veredelung der Oberfläche eingesetzt. Bei uns bekannteste Sauermilchkäse sind Kochkäse und Handkäse.

Schnitt- und Hartkäse
Zur Herstellung von Schnitt- und Hartkäse wird der Milch das Enzym Lab zugesetzt, wodurch die Milch besonders schnell gerinnt (Dicklegung), ohne jedoch sauer zu werden. Durch Lab wird die Milch fester und brockiger als durch Milchsäurebakterien alleine. Mit einer sogenannten Käseharfe werden die Brocken zerkleinert und der entstehende Käsebruch wird in sortentypische ovale, runde oder eckige Formen gefüllt. In diesen Formen kann aus den Käselaiben nun Molke abgetropft und gepresst werden. Im „Reifungskeller“ findet unter bestimmten Klimabedingungen und mit weiteren Behandlungen (Waschen, Drehen, Bürsten) die Reifung statt. Baden in Salzlake oder Einreiben mit Salz entzieht den jungen Käselaiben weiteres Wasser und trägt so zur Rindenbildung bei.

Käserinde
Die Rinde entsteht, während der Käse unter festgelegten Klimabedingungen reift. Sie schützt ihn vor Austrocknung, vor unerwünschter Schimmelbildung und vor Beschädigung. Wird der Käse vor Beginn der Reifung in Kunststofffolie verpackt, so reift der Käse erst in der Verpackung, ohne dass sich eine Rinde bilden kann. Nicht jeder Käse hat eine Rinde. Feta und Mozzarella sind typische rindenlose Käse.

Weichkäse
Die Herstellung erfolgt wie bei Schnitt- und Hartkäse, der Käsebruch wird jedoch nur leicht gepresst oder nur abgetropft und das Salzbad wird kurz gehalten, so dass der Käse weniger Wasser verliert und insgesamt weicher bleibt.

Schimmelkäse
Augangsprodukt ist typischerweise ein Weichkäse, der mit einem essbaren Schimmelpilz (Edelschimmel) veredelt wird. Weißschimmelkäse werden an ihrer Oberfläche mit Penicillium camberti beimpft (z. B. Brie, Camembert), Blauschimmelkäse werden in ihrem Inneren mit Penicillium roqueforti beimpft (z. B. Gorgonzola, Roquefort). Weißschimmelkäse schmecken mild und samtweich, Blauschimmelkäse kräftig und würzig.

Rotschmierkäse
Rotschmierkäse entstehen durch Behandlung mit Rotschmierbakterien (Brevibacterium linens). Die Oberfläche dieser meist weichen Käse ist gelb-rötlich, etwas schmierig und die Käse schmecken pikant-würzig, mit längerer Reifung auch strenger aromatisch (z. B. Limburger, Romadur).

Schmelzkäse
Zur Herstellung von Schmelzkäse wird Käse gerieben, mit phosphatreichen Schmelzsalzen und Wasser gemischt und bis zur Verflüssigung erhitzt. Auch nach dem Abkühlen bleiben diese Käse, die es als streichfähige Käse und auch in Scheibenform gibt, besonders gut schmelzbar. Schmelzkäse verändern ihren Geschmack während der Lagerung nicht mehr, da die Reifung durch Hitze und Salze gestoppt wurde.

Pasta-filata-Käse
(ital. pasta = Teig, ital. filare = ziehen)
Käsebruch wird mit heißer Flüssigkeit (Wasser, Salzwasser, Molke) überbrüht, wodurch eine elastischer formbarer Käseteig entsteht. Durch portionsweises Abziehen bzw. Abreißen von Stücken und durch erneutes Formen entstehen Käse wie z. B. Mozzarella (lat. mozzare = abziehen, trennen) oder Provolone.

Käsezubereitung
Wird ein Käse mit Gewürzen, Gemüse, Nüssen oder anderem angereichert, so spricht man von einer Käsezubereitung.

Käselöcher
Durch Zugabe von Propionsäurebakterien zum Käse wird die in ihm entstehende Milchsäure weiter abgebaut (Propionsäuregärung). Hierbei entstehen Gase, die durch die Rinde nicht mehr entweichen können und und sich im Käse zu größeren oder kleineren Hohlräumen (z. B. Emmentaler, Tilsiter) ansammeln. Kleine Käselöcher können auch durch verminderte Pressung erzielt werden (z. B. Havarti).

Zusatzstoffe
Beta-Carotin (E 160, E 160 a, Provitamin A, Vorstufe des Vitamin A) ist ein gelber Pflanzenstoff mit viel intensiverer Farbe als das Vitamin A. Beta-Carotin wird in der Nahrungsmittelindustrie in großem Umfang zur Färbung von Lebensmitteln (z. B. Margarine, Butter, Käse, Limonade …) eingesetzt. Beta-Carotin in hohen Dosen kann die Entstehung von Lungenkrebs bei Rauchern fördern, weshalb es als Zusatz zu Medikamenten nur noch in begrenzter Menge eingesetzt werden darf.
Lactoflavin (Vitamin B 2) wird aufgrund seiner gelben Farbe ebenfalls als Farbgeber für Käse eingesetzt.
Annato sind die roten Samen eines tropischen Baumes (Orleansbaum, Rukubaum), die einen gelbroten Farbstoff liefern, der vor allem zum Färben von Butter und Käse eingesetzt wird.

Nitrate
Kaliumnitrat (E 252) und Natriumnitrat (E 251) werden als Konservierungsmittel (in der Fleischproduktion auch als Pökelsalz) eingesetzt. Ihre Verwendung ist als problematisch anzusehen, da sich Nitrate im Lebensmittel oder auch im Körper in die Eiweißverbindung Nitrosamin (Entwicklungskette Nitrat-Nitrit-Nitrosamin) verwandeln können, die als potentiell krebserregend gilt.

Lab
Im Magen der Kälber sorgt das Enzym Lab gemeinsam mit der Magensäure für die Gerinnung (Dicklegung) der Muttermilch. Für die Käseindustrie wird dieses Enzym überwiegend aus dem Magen von Kälbern gewonnen, die im Alter von wenigen Tagen geschlachtet werden. Dies ist der Grund, warum manche Ovo-Lacto-Vegetarier mit Kälberlab produzierten Käse ablehnen. Heutzutage kann Lab jedoch auch biotechnologisch aus Mikroorganismen gewonnen werden (mikrobielles Lab, Genlab).

Isoliertes Lab spaltet das Milcheiweiß Kasein so schnell, dass die Milch eindickt, ohne sauer zu werden. Da es als Produktionshilfsstoff und nicht als Lebensmittelzusatzstoff gilt, ist es nicht deklarationspflichtig, das heißt, es wird nicht auf der Verpackung aufgeführt. Für Käse, der an der Käsetheke gekauft wird, kann dort erfragt werden, um welches Lab es sich handelt.

Lysozym (E 1105)
Dieses Enzym unterbindet unerwünschte Gasbildung im Käse. Es wird dem Käse während der Produktion zugegeben, es befindet sich folglich im gesamten Käse.

Natamycin
Um den Käse vor Schimmelbefall zu schützen, darf die Oberfläche von Schnitt- und Hartkäse mit Natamycin (E 235) behandelt werden, wobei dieses Antibiotikum bis zu 5 mm tief in den Käse einziehen darf.
Die Verwendung eines Antibiotikums muss als sehr problematisch angesehen werden, da es die Resistenzentwickung von Mikroorganismen im Menschen fördert. Resistente gewordene Infektionserreger reagieren auf dieses Antibiotikum dann nicht mehr.

Listerien
Das Bakterium Listeria monocytogenes ist ein weit verbreiteter Umweltkeim. Von der Krankheit Listeriose sind vor allem Wiederkäuer (Rind, Schaf, Ziege) betroffen.
Zu einer Infektion beim Menschen kommt es am ehesten über Lebensmittel, die während ihrer Produktion mit Listerien verunreinigt wurden. Gute Bedingungen zur Vermehrung finden Listerien in Rohmilch. Gelangen Listerien durch Verunreinigung in die frisch gewonnene Rohmilch, so überleben sie die recht niedrige Temperatur zur Herstellung von Rohmilchkäse und vermehren sich in und auf diesem Käse. Die Erkrankung beim Menschen kann symptomlos bleiben oder geht mit einem grippeähnlichen kurzen Fieberschub, Bauchschmerzen und Durchfall einher. Schwangere, Ungeborene, alte Menschen und Abwehrgeschwächte sind besonders anfällig für die Listeriose und können auch schwerere Symptome zeigen. In der Schwangerschaft kann es zu einer Entzündung des Mutterkuchens und zu einer Erkrankung des Ungeborenen kommen. Fehlgeburt, Frühgeburt und Totgeburt können die Folge sein. Da Schwangere ein 12-fach erhöhtes Risiko haben, an einer Listeriose zu erkranken, sollten sie Gemüse und Obst (Verunreinigung mit Listerien über Erde und Staub möglich) gut waschen. Auf den Verzehr von rohem Fleisch, rohem Fisch und Rohmilchprodukten sollen Schwangere ganz verzichten. Rohmilchkäse sind an der Deklaration „aus Rohmilch hergestellt“ zu erkennen.
Als sichere Käse gelten Quark und Hartkäse.

Bio-Käse
Bio-Käse wird aus Bio-Milch hergestellt, oft in mühevoller Handarbeit und ohne technische Hilfsmittel. Durch Grünfütterung gelangt relativ viel Beta-Carotin in die Milch, wodurch der Käse eine natürliche Gelbfärbung erhält. Die Verwendung von Genlab, synthetischem Beta-Carotin, Nitraten, Lysozym, Natamycin, Wachs- und Paraffinhüllen als auch Folien ist nicht erlaubt.

Geschützter Ursprung (g. U. )
Verschiedene Siegel garantieren, dass sowohl Milcherzeugung, Vorarbeit in der Molkerei als auch die gesamte Herstellung in einer festgelegten Region erfolgen. Die Siegel stehen für traditionelle und handwerkliche Herstellung nach immer gleich bleibenden und teils Jahrhunderte alten Verfahren. Diese Käse sind von ausgezeichnetem ursprünglichem Geschmack und verständlicherweise etwas teurer. Das Siegel befindet sich auf der Rinde oder auf der Verpackung.
AOC (Frankreich, Schweiz), z. B. Brie de Meaux, Camembert de Normandie, Gruyere, Roquefort, Tete de Moine.
DOP, PDO (Italien, Spanien), z. B. Gorgonzola, Manchego, Mozzarella di Bufala, Parmiggiano Reggiano.
g. U. (Deutschland, Österreich), z. B. Allgäuer Bergkäse, Allgäuer Emmentaler, Altenburger Ziegenkäse, Tiroler Bergkäse, Vorarlberger Bergkäse

Künstlicher Käse
(auch als Kunstkäse, Analogkäse oder Käseimitat bezeichnet)
Echter Käse enthält ausschließlich Milchfett. Da sowohl das Fett als auch das Eiweiß der Milch im Vergleich zu pflanzlichen Produkten teuer sind (zur Erinnerung: für die Produktion von 1 kg Käse werden 4-12 Liter Milch benötigt), hat die Nahrungsmittelindustrie den um 30 bis 40 % billigeren künstlichen Käse kreiert.
Dieser Pseudokäse wird aus Wasser, dem Eiweiß von Sojabohnen, Bakterien oder Milch, aus Pflanzenfetten, Stärke, Aroma- und Farbstoffen, Salz und Geschmacksverstärkern hergestellt. Die Käsesorten Emmentaler, Gouda, Parmesan und Schafskäse können sowohl im Aussehen als auch im Geschmack täuschend ähnlich imitiert werden; selbst Käsegourmets können angeblich keinen Unterschied herausschmecken. Die Imitate werden vorzugsweise in Fertigprodukten wie Pizza, Aufläufen, Cheeseburgern und Käsebrötchen eingesetzt. Auch in Restaurants wird übrigens schon künstlicher Käse verwendet.
Eine Kennzeichnungspflicht besteht für künstlichen Käse bislang leider nicht. Künstlicher Käse darf jedoch auf der Verpackung und auch in der Speisekarte nicht mit dem Wort Käse bezeichnet werden. Wenn also das Wort Käse in der Zutatenliste fehlt, dann ist auch kein echter Käse drin, es sei denn, es handelt sich um eine arglistige Täuschung, oder der Produzent hat dem Käseimitat ein wenig Käse untergemischt. Machen Sie sich am besten selbst ein Bild und studieren Sie aufmerksam die Zutatenliste von Fertigprodukten! Achten Sie auch auf die Namensgebung, denn nur ein Brötchen, das mit echtem Käse hergestellt ist, darf als „Käsebrötchen“ verkauft werden!

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