Bedeutung und Vorkommen
Obstipation bedeutet Verstopfung. Etwa jeder zehnte der unter 60-Jährigen und mindestens jeder vierte der über 60-Jährigen leidet unter ihr. Frauen sind doppelt so oft betroffen wie Männer; außerdem gilt ein ungesunder Lebensstil als Risikofaktor für das Auftreten einer chronischen Obstipation. Verschiedene Medikamente können ursächlich sein, so tritt unter Therapie mit bestimmten Opioiden (starke Schmerzmittel) fast regelhaft eine Verstopfung auf. Nicht selten kommt es auch bei Klimawechsel zu einer Verstopfung, z. B. im Rahmen einer Urlaubsreise.
Diagnosekriterien „Chronische Obstipation“
Nach den sogenannten Rom III-Kriterien müssen mindestens 2 der folgenden Punkte erfüllt sein, und zwar bei mindestens jedem 4. Stuhlgang und für eine Dauer von insgesamt 3 Monaten im Verlauf eines Jahres:
- starkes Pressen
- klumpiger und harter Stuhlgang
- Gefühl der unvollständigen Entleerung
- Ausräumung mit dem Finger erforderlich
- weniger als 3 Stuhlgänge pro Woche
Wichtig ist hierbei die Erkenntnis, dass man nicht täglich müssen muss! Wenn jemand also mindestens 3x pro Woche Stuhlgang hat und dieser nicht zu fest ist, dann liegt bis auf seltenere Fälle keine Verstopfung vor.
Wann du sofort einen Arzt aufsuchen solltest
Bei folgenden Beschwerden solltest du umgehend einen Arzt aufsuchen:
Übelkeit / Erbrechen, wiederholt stärkere Bauchschmerzen, Verstopfung und Durchfall im Wechsel, Verstopfung unter neuen Medikamenten, letzter Stuhlgang vor über 4 Tagen, Blutabgang mit dem Stuhlgang oder spontan aus dem After, ungewollte Gewichtsabnahme, Obstipation während Schwangerschaft / Stillzeit.
Komplikationen
Als Folge einer Verstopfung können sich Hämorrhoiden, Analfissur (sehr schmerzhafter kleiner Einriss am After), seltener ein Darmverschluss oder ein Darmvorfall einstellen. Des Weiteren besteht ein erhöhtes Risiko für eine Divertikulose (kleine Dickdarmaussackungen) bzw. eine Divertikulitis (Entzündung dieser Divertikel). Noch nicht abschließend beurteilbar ist, ob auch ein erhöhtes Darmkrebsrisiko besteht. Eine (oft befürchtete) „Selbstvergiftung“ durch chronische Verstopfung gibt es dagegen nicht.
Selbsthilfemaßnahmen
Da Selbsthilfemaßnahmen in etwa 60 % der Obstipationsfälle wirksam sind, lohnt sich ein Versuch hiermit. Die Selbsthilfemaßnahmen zielen darauf ab, das Stuhlvolumen, die Zahl der „guten“ Darmbakterien und die Darmbeweglichkeit zu erhöhen. Oft führt eine Kombination verschiedener Maßnahmen zum Erfolg:
- Bewege dich 1x täglich 30 Minuten oder 3 x wöchentlich 1 Stunde (jeder so wie er kann, mit Sport / Gymnastik / Spaziergängen)
- Trinke 1 Glas warmes Wasser morgens auf nüchternen Magen
- Trinke 200 bis 400 ml Kaffee zum Frühstück (mit oder ohne Koffein)
- Trinke gesamt 1,5 Liter Flüssigkeit tgl., bei Herz- und Nierengesundheit gerne 2 Liter
- Verzehre täglich 1 Portion milchsäurehaltiges Produkt
(Joghurt, Kefir, Buttermilch, Sauerkrautsaft) - Verzehre 1 Apfel täglich
- Nimm täglich mindestens 30 g Ballaststoffe zu dir
Ballaststoffe
„Ballaststoffe“ erhielten ihren Namen, da man sie früher als Ballast, also als überflüssig ansah. Sie tragen diesen Namen jedoch völlig zu Unrecht, da sie uns wichtige Dienste erweisen. Ballaststoffe (Zellulose) sättigen indem sie die Magenentleerung verzögern, sie erhöhen durch Quellung das Stuhlvolumen, zeigen vorbeugende Effekte gegenüber Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Fettstoffwechsel und Blutgefäßverkalkung, sie bürsten unsere Darmwände sauber, binden Schadstoffe und bringen zudem den Darm auf Trab.
Beachtliche Mengen Ballaststoffe sind enthalten in Hülsenfrüchten (bis 22%), Getreide (bis 13%), Trockenfrüchten und Nüssen (bis 10%), Obst und Gemüse (bis 5%). Es ist nicht einfach, die empfohlene Mindestmenge von 30 g Ballaststoffen, und das täglich, zu sich zu nehmen, wie folgendes Beispiel zeigt:
3 Scheiben Vollkornbrot (10 g B.) + 300 g Gemüse (10 g B.) + 100 g Kartoffeln od. Vollkornnudeln (5 g B.) + 200 g Obst (5 g B.).
Als Basis benötigst du als tägliches Brot ein „Vollkornbrot“ oder „Grahambrot“. Mehrkornbrot, Mehrkornbrötchen und alle anderen sind ballaststoffarm; Schwarzbrot ist zwar ein Vollkornbrot, verliert jedoch aufgrund langer Backzeit seine Vitamine und ist deshalb nicht als tägliches Brot geeignet!
300 g Gemüse und 200 g Obst sollten täglich dazu kommen; an Tagen mit Hülsenfrüchten bist du dann besonders gut mit Ballaststoffen versorgt, denn diese peppen ihre Ballaststoffbilanz im Handumdrehen auf! Allerdings kann es sein, dass Magen und Darm, sofern sie Ballaststoffe nicht gewöhnt sind, erst einmal murren (Blähungen, Völlegefühl). Du könntest deine Ballaststoffzufuhr dann allmählich steigern, damit Magen und Darm sich an die ungewohnte Mehrarbeit gewöhnen, was sie in aller Regel auch tun. Alternativ zu Hülsenfrüchten, die man ja eher nicht täglich verzehren möchte, lässt sich die Ballaststoffzufuhr auch mit Flohsamen erhöhen.
Flohsamen
Diese werden im Orient und in Indien schon seit über 1000 Jahren als Naturheilmittel eingesetzt. Es handelt sich um die Samen einer Wegerichpflanze, reich an löslichen Ballaststoffen. Diese Ballaststoffe quellen besonders gut (und erhöhen damit das Stuhlvolumen), zudem geben sie einen Schleim ab, der die Darmwand überziehen und schützen soll. Flohsamenschalen binden 4x mehr Wasser als ihre Samen und sind deshalb wirksamer. Beide, Flohsamen und ihre Schalen, sind gut verträglich – das gilt auch für Reizdarmsyndrom, chronisch entzündliche Darmerkrankung und Schwangerschaft. Flohsamenprodukte erhalten sie im Drogeriemarkt, z. B. von der Firma Alnatura. Flohsamenschalen eignen sich auch zum Andicken von Speisen – wie im Nussknackerbrot.
Dosierung:
Flohsamen max. 30 g / Tag (3 x 1 Esslöffel in jeweils 1 Glas Wasser),
Flohsamenschalen max. 15 g / Tag (3 x 1 Teelöffel, jeweils in 1 Glas Wasser).
Gib die Flohsamen /-schalen nicht in Milch, da sie hierin nicht quellen. Nimm sie zwischen den Mahlzeiten zu dir (mit 60 Minuten Abstand zu Medikamenten). Beginnen sie mit 1 Glas pro Tag und steigern sie ggf. auf 3 Gläser pro Tag.
Wann du einen Arzt aufsuchen solltest
Sollten deine Selbsthilfemaßnahmen nach 2 bis 3 Wochen nicht zu einem nachhaltigen Erfolg geführt haben, dann wird ein Arztbesuch erforderlich. Dein Arzt wird entscheiden, welche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen erforderlich sind.
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